glas|schmuck II

Die Geburt der Perlenkinder aus dem Feuer – Glasperlenherstellung

Trifft die vielfach vorhandene Faszination an Glasperlen mit der allgemein menschlichen Faszination an Feuer zusammen, ist es wie bei der gelungenen Paarung zweier fesselnder Wesenheiten. Es fängt an zu knistern…

Eine Glasperle entsteht...

Eine Glasperle entsteht... Foto: W. Beyna

Sobald ich auf einer Veranstaltung die Gasflamme entzünde, bildet sich im Nu eine Traube Menschen vor meinem Stand.
Jung und alt beobachtet gespannt, geduldig, gebannt die Geburt der Glasperlenkinder aus dem Feuer

Dass die Flamme aus einer Gasflasche unter dem Tisch stammt, ist erst einmal sekundär. Kommt dann die unausweichliche Frage „Hatten die Römer schon Propangas?“, nutze ich sie als Einstieg für ausgiebige Erklärungen, bis ich meine Aufmerksamkeit wieder voll einer rotglühenden Perle widmen muss.

Natürlich verwende ich Glasstangen aus einer neuzeitlichen Glashütte und versenke die Perlenbabys zum langsamen Abkühlen ganz unorthodox in Vermiculit, einem glimmerartigen Dämmmaterial. Natürlich habe ich bereits Perlen im Lehmofen gedreht. Aber es geht vor allem um die Herstellungsprinzipien, die sich am Gezeigten gut erklären lassen und um das Erzählen von Geschichten.

Die bonbonfarbigen Perlenzusammenstellungen der späten Alamannen haben es vor allem den Mädchen angetan. Zum Leidwesen der jungen Damen gab es bei Kelten, Römern oder Alamannen allerdings kein rosafarbenes Glas!

Glasperlenherstellung am Alamannen-Museum, Vörstetten, Foto: Ch. Bücker

Immer wieder zeigen Jungs Interesse an einem „coolen“ Armband oder einer Kette. Frisch hergestellte Glasperlen sind für sie Schätze aus dem Feuer, Trophäen mit einem Hauch von Abenteuer… Manche möchten ihrer Mutter etwas Besonderes schenken!

Gerne fordern die Kinder mich mit komplizierten Perlenentwürfen heraus. Am meisten Freude bereitet es mir, eine solche Auftragszeichnung erfolgreich umzusetzen: Das sehe ich an den leuchtenden Augen und am anerkennden Blick der Eltern, welche regelmäßig über die Geduld ihrer Sprösslinge teils erstaunt, teils verzweifelt sind, da noch anderes auf dem Programm steht.

Auf Veranstaltungen werden mir die Glasperlenhäufig schneller entrissen, als sie abkühlen. Diese Perlen mögen nicht ganz gleichmäßig sein oder Schönheitsfehler tragen, doch als greifbare Erinnerungsstücke eindrücklichen Erlebens sind sie einmalig.

An langen Winterabenden im stillen Kämmerlein schließlich entstehen ganze Colliers nach archäologischen Glasperlenfunden. Nur mit Muße gelingen die Perlen mit feinen Fadenauflagen und Mehrfachschichtaugen.

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